Eine HopeFamily stellt sich vor

Juni 2025

„Lea hat uns die Scheuklappen genommen“

Madelaine und André mit Ben (2012), Luc (2014), Zoé (2016) und Lea (2019 mit DS)

Liebe Madelaine, lieber André, wer gehört zu eurer Familie und wie wohnt ihr?

Wir sind eine 6-köpfige Familie und leben im Berner Seeland. Wir wohnen in einem Einfamilienhaus und sind gut im Dorf verankert.

Was macht ihr beruflich?

André ist Entwickler/Projektleiter und  Madelaine arbeitet als Qualitäts-managerin/Controllerin. 

Wie gestaltet ihr eure Freizeit? 

Unser ältester Sohn ist zwölf und unsere jüngste Tochter bald sechs  Jahre alt. Wir haben also sehr unterschiedliche Interessen innerhalb der Familie, was zunehmend herausfordernder wird. 

Wir sind oft irgendwo in der Natur am Bräteln, Wandern oder auch Klettern. Im Sommer sind wir viel in der Badi oder am See anzutreffen und im Winter sind wir am Schlitteln oder auf den Ski. 

Was macht ihr gerne in den Ferien?

Letzten Winter waren wir das erste Mal in den Skiferien. Das war super. Lea hat grosse Fortschritte gemacht und fährt gerne Ski. Im Sommer oder im Herbst gehen wir jeweils zelten.

Wir haben ein grosses Familienzelt und entdecken gerne neue Regionen.

Was ist typisch für eure Familie? 

Wir sind eine klassische Grossfamilie. Bei uns ist immer etwas los, wir haben viele Termine, oft ist es laut, lebhaft und chaotisch. Wir legen viel Wert auf Selbstständigkeit, Vertrauen und Individualität. 

Hattet ihr vor der Geburt von Lea schon Kontakt zu Menschen mit Down-Syndrom?

Nein, wir hatten vorher keinen Kontakt zu Menschen mit Down-Syndrom.

Wie hat sich euer Leben verändert, seit Lea bei euch ist?

Ich finde, sie hat uns die Scheuklappen genommen. Sie hat uns ins kalte Wasser geworfen und wir haben schwimmen gelernt. Wir haben eine andere Sicht aufs Leben kennen gelernt und dafür sind wir sehr dankbar. Die Sicht ändert sich, wenn man Eltern wird. Sie ändert sich noch mehr, wenn man Eltern eines Kindes mit Beeinträchtigung wird. 

Im Verhältnis zu den anderen Kindern braucht Lea mehr Unterstützungszeit. Wir müssen sie im Vergleich zu einem neurotypischen Kind mehr im Auge behalten, mehr lernen und uns neues Fachwissen aneignen.

Wie und wann habt ihr vom Down-Syndrom bei Lea erfahren?

Wir haben es in der Schwangerschaft erfahren.

Was waren eure Ängste nach der Diagnose? Haben sich diese bewahrheitet? Was hat euch im Umgang mit diesen Ängsten geholfen?

Ich, Madelaine, hatte einige Ängste, da ich wirklich keine Erfahrungswerte hatte, was es heisst, mit Menschen mit Beeinträchtigung zu leben. Ich hatte Angst, dass wir als Familie so nicht weiterleben können, wie wir es geplant hatten, dass wir auf vieles verzichten müssen und wir im Rampenlicht stehen werden. Dass ich nicht mehr arbeiten gehen könnte. Dass ich mein Kind vielleicht nicht lieben würde. 

Viele meiner Ängste haben sich nicht bewahrheitet und beruhten auf einem völlig falschen Bild. Lea ist gesund und ich liebte sie von der ersten Sekunde an, als sie in meinen Armen lag. Ich und mein Mann arbeiten weiterhin. Wir können viele von unseren Hobbys weitermachen – manchmal mit Kompromissen, aber nicht nur wegen Lea. Dass wir als Familie mehr auffallen und im Rampenlicht stehen, ist sicher häufiger als mit einem neurotypischen Kind, aber das ist nicht wirklich tragisch, c’est la vie.

Wie würdet ihr Leas Charakter beschreiben? 

Lea ist sehr neugierig, offen und emphatisch. Sie liebt ihre Geschwister und ihre Gspändli. Sie springt gerne auf dem Trampolin, turnt gerne umher und spielt mit Barbies, Duplo oder Playmobil. 

Sie mag es nicht, wenn wir streiten.

Wie ist das Verhältnis von Lea zu ihren Geschwistern?

Sie haben eine sehr schöne Beziehung. Jeder hat einen besonderen Zugang zu ihr und sie tun sich gegenseitig gut. Klar gibt es auch Streit untereinander und manchmal nervt Lea einfach auch nur, denn sie kann auch sehr stur sein.

Wie sieht Leas Alltag aus?

Lea geht in den Regelkindergarten bei uns im Dorf. Zusätzlich zum Kindergarten hat sie Logopädie, Hippotherapie und Ergotherapie. Sie ist sehr gerne mit anderen Kindern zusammen und will mit dabei sein. Durch unsere grosse Familie gelingt dies sehr gut.

Welches sind eure schönsten Erlebnisse mit Lea?

Schöne Momente mit Lea gibt es unzählige und ich beobachte diese nicht nur bei mir, sondern auch bei vielen anderen Menschen, denen sie begegnet. 

Welche schwierigen Situationen habt ihr mit Lea erlebt? Wie seid ihr damit umgegangen? Was hat euch geholfen?

Kürzlich hat Lea aus Wut bzw. weil ihr ein Wechsel zu schnell ging, einem unbeteiligten Mädchen ins Gesicht gespuckt. Das tat mir sehr leid für dieses Mädchen, welches ziemlich geschockt war. Ich erklärte dem Mädchen, wieso Lea dies getan hat, und entschuldige mich für Lea. Als ich es mit Lea anschliessend direkt besprechen konnte, ging sich Lea beim Mädchen entschuldigen. Ein tolles Bild haben wir dort leider sicher nicht vermittelt, aber ja, that’s life.

Ich versuche oft bei schwierigen Situationen, ihr Verhalten zu erklären, damit wir Verständnis schaffen können.

.Weshalb engagiert ihr euch für hope21? Was erhofft ihr euch von eurem Engagement?

Hope21 ist für mich wie Insieme21 ein sehr wertvoller Verein, welcher Eltern mit einem Kind mit Trisomie21 begleitet, Fragen beantwortet und Einblicke in Familien ermöglicht. Insbesondere für frischgebackene Eltern finde ich eine erste Anlaufstelle sehr wichtig. Die Community, welche es mittlerweile unter den Eltern gibt, ist sehr wertvoll und beinhaltet ein grosses Wissen. 

Ich engagiere mich bei Insieme21 und bin dort die Regioleiterin der Region Bern. Dadurch erhoffe ich mir, dass die Eltern Zugang zu Fachwissen und Austauschen erlangen können. 

Mehr Infos zu dieser HopeFamily findest du unter: