Eine HopeFamily stellt sich vor

8. Juni 2022

«Direkt nach der Geburt war ich einfach nur glücklich.»

Yvonne und Ladina stellen sich vor

Wer seid ihr? Wie und wo wohnt ihr?
Ladina ist vierjährig und ich, Yvonne, bin 34 Jahre alt. Ich bin alleinerziehend. Seit Februar wohnen wir in Brunnen, Kanton Schwyz. Aufgewachsen bin ich im Muotathal.

Was machst du beruflich
Ich arbeite zu 20 % als Reinigungskraft und Serviceangestellte.

Wird Ladina fremdbetreut (Kita, Grosseltern, etc.)? Falls ja, von wem?
An meinem Arbeitstag ist Ladina immer bei meinen Eltern. Seit kurzem sind wir bei «Zyt ha» (einem Entlastungsdienst von insieme Innerschwyz) dabei, wo Ladina bei einer anderen Familie ein paar tolle Stunden erleben darf und ich in dieser Zeit anderes erledigen kann.

Wie gestaltet ihr eure Freizeit?
Unsere Hobbies sind Velo fahren, Musik hören, tanzen, spielen, mit Kreide malen, Fussball und Versteckis spielen.

Wo wart ihr zuletzt in den Ferien?
Wir waren im Sommer drei Monate auf der Alp. Ich war Melkerin und Wirtin und stellte zum Team noch ein Kindermädchen für Ladina an. Die Idee kam nach meiner Trennung im letzten August. Ich war vorher schon elf Mal «z Alp», auch als ich mit Ladina schwanger war. Bis zum letzten Tag vor der Geburt produzierte ich noch von hundert Kühen Käse. Ladina erlebte also ihre ersten Monate schon auf der Alp. Die Menschen, die vorbeikamen, waren stets offen und freundlich zu Ladina. Auch das fünfköpfige Alpteam nahm Ladina herzlich auf. So durfte sie mitkommen und Kühe holen, beim Melken dabei sein, in der Küche helfen und mit uns allen einen tollen Alpsommer erleben.

Was ist typisch für eure Familie? Worauf legt ihr in eurer Familie viel Wert?
Sehr wichtig ist für uns das gemeinsame Essen und das Kuscheln am Abend.

Hattest du vor der Geburt von Ladina schon Kontakt zu Menschen mit Down-Syndrom?
Nein, ich hatte keinen Kontakt zu Menschen mit Down-Syndrom. Während meiner Kindheit wohnte im Muotathal ein Junge mit Trisomie 21 mit dem gleichen Jahrgang wie ich. Er ging aber nie mit uns in die Schule. Dies fand ich sehr schade.

Wie hat sich dein Leben verändert, seit Ladina auf der Welt ist?
Ladina hat mich gelehrt, Geduld zu haben. Vor ihrer Geburt war ich stets auf Trab. Seit ich sie habe, weiss ich, dass «sich Zeit nehmen» etwas ganz Wichtiges ist. Ein sehr frohes Mädchen wurde uns geschenkt. Ladinas Tante sagte gerade vor Kurzem aufgrund einer lustigen Äusserung von Ladina, dass sie einfach unverbesserlich sei. Dabei hatte sie Tränen in den Augen. Vor Lachen.

Wie und wann hast du vom Down-Syndrom bei Ladina erfahren?
Der «Verdacht», dass Ladina Trisomie 21 haben könnte, wurde direkt nach dem Kaiserschnitt noch im Gebärsaal von der Ärztin übermittelt.

Was waren deine Ängste nach der Diagnose? Haben sich diese bewahrheitet? Was hat dir im Umgang mit diesen Ängsten geholfen?
Direkt nach der Geburt war ich einfach nur glücklich. Auch die zwei weiteren Jahre waren so unbeschwert, dass ich nie Ängste hatte. Ladina schlief nach einem Monat durch und hat vom ersten Tag gegessen, sie hatte keinen Herzfehler oder andere Gebrechen. Ab dem dritten Lebensjahr kamen ab und zu Ängste auf, weil ich nachdachte, wie sie wohl ihr Leben später einmal meistern würde. Die grösste Angst war, als ich merkte, dass die Anmeldung in den Kindergarten naht. So besuchte ich kurzerhand das Heilpädagogische Zentrum Innerschwyz HZI in Ibach. Da dies für mich der Knackpunkt war, wenn sie dann mal dorthin «muss». Mit grossen, aber frohen und auch tollen Emotionen verliess ich dieses Schulhaus und ich wusste, hier wäre ich als Kind auch sehr glücklich gewesen.

Wie würdest du Ladinas Charakter beschreiben? Was macht sie besonders gerne? Was mag sie gar nicht?
Ladina ist sehr offen. Die Blicke der anderen Leute im Einkaufscenter oder so waren am Anfang ungewohnt. Ich überlegte mir zuhause, wie ich damit umgehen möchte. Also liess ich Ladina freien Lauf, dass sie auf die Menschen zu gehen kann, wenn sie will und spürt, dass jemand nett ist zu ihr oder sogar liebe Worte an sie richtet. Und falls der Blick der anderen Person ins Starren fällt, bleibe ich stehen und starre ganz präzise auf die Person zurück. Diese empfindet das dann meistens auch als unangenehm und wir gehen weiter.

Ladina ist lebensfroh, jeden Tag. Lachen ist ihr Hobby. Aber momentan auch «Nein» sagen. Also stur sein. Für mich war und ist Ladina ein ganz normales Mädchen. Darum bestand ich schon ganz früh darauf, dass sie «Danke», «Bitte», «Hallo» und «Tschüss» sagt. Einmal waren wir beim Metzger, Ladina bekam ein Würstli, bedankte sich aber nicht. So kniete ich runter und sagte ihr, sie solle «Danke» sagen. Wir standen gefühlte zehn Minuten im Laden bis sie es sagte. Von da an lief es rund. Nun klappt es super. Damit möchte ich sagen, dass Ladina das sehr wohl kann und dies lernt oder schon gelernt hat. Also halt ganz normal.

Zeit und Geduld kriegt Ladina ganz viel. Und wenn es mit dem Anziehen oder Kämmen etc. nach vier bis fünf Mal erläutern nicht klappt, zähle ich auf drei. Bei drei nehme ich sie bei der Hand und sie weiss, dass ich es ernst meine und es nun zu folgen gilt. Es braucht nicht primär Nerven, sondern vor allem Geduld. Konsequent sein ist momentan wichtig.

Welches sind deine schönsten/lustigsten Erlebnisse mit Ladina?
Wir waren auf dem Friedhof in Brunnen. Eine Klosterfrau vom Kloster Ingenbohl stand unweit von uns. Ganz herzlich plauderte sie etwas mit Ladina. Wir gingen weiter und Ladina rief ihr zu: «Ade, ä Gruäss.». Ich sagte: «Wem söll dänn die Frau ä Gruäss säge?» Ladina: «Am Maa…» Die Klosterfrau lachte herzlich und wir auch.

Welche schwierigen Situationen hast du mit Ladina erlebt? Wie bist du damit umgegangen? Was hat dir geholfen?
Wir wurden stets gut unterstützt. Sei es am Anfang von den Ärzten im Spital, der Hebamme, dem Ohrenarzt, Augenarzt, der Physiostelle, Frühförderung, unserer Kinderärztin Frau Ogal und besonders von meiner Bekannten Petra, einer tollen starken Frau, die viel recherchierte und uns einige Tipps mit auf den Weg gegeben hat.

Am 21. März 2022 war Welt-Down-Syndrom-Tag. Hast du an diesem Tag etwas Besonderes gemacht?
Ich hätte es dieses Jahr sogar vergessen, wenn mich meine Mama, meine Schwägerin und Petra nicht daran erinnert hätten. Wir feiern vor allem den Tag, an dem Ladina geboren wurde.

Warum engagierst du dich für hope21? Was erhoffst du dir von deinem Engagement?
Ich finde hope21 eine super Sache. Die Welt soll erfahren, wie toll Menschen mit Trisomie 21 sind. Auch Eltern, die ein Kind erwarten und unerwartet die «Diagnose» bekommen, sollen und müssen sich irgendwo informieren können. Früher war diese Beeinträchtigung für manche Familien eine «Schande». Kinder wurden versteckt und durften nicht einmal zur Schule gehen. Grausam, wenn ich mir dies vorstelle. Heute im Jahr 2022 gelingt in der Innerschweiz die Integration noch nicht wirklich. Darum erhoffe ich mir, dass in ein paar Jahren wieder eine Wende kommt und Menschen mit Down-Syndrom endlich behandelt werden, wie jeder andere Mensch auch. Danke hope21 für den Einsatz und die Bemühungen – unseren lebensfrohen Kindern zuliebe.